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1. Mannschaft 19/20

SC 07 Schleusingen vs. SV Schleusegrund Schönbrunn
7 : 0

Die Realität

 

Sieben Tore, alte Fußballschuhe, Alpträume und Logos, die unter die Haut gehen. Das Eröffnungsspiel der Fußball-Kreisoberliga zwischen Schleusingen und Schönbrunn ist ein mehr als unterhaltsamer Saison-Auftakt.

 

Von Carsten Jentzsch

 

Schleusingen – 7:0. Nahezu jeder Schuss ein Treffer. Ob es am Ende doch an den alten Botten lag? Jenes Paar Schlappen, welches an der Außenfassade des Schleusinger Vereinsheims fast ein wenig untergeht? Demjenigen, der sie berührt, winkt anschließend reichlich Glück, so heißt es. Dieses alte Paar offensichtlich nicht berührt hat an jenem Tag Schönbrunns Torwart Nick Hofmann. Gerade einmal 48 Sekunden sind gespielt, als der Schlussmann der Schleusegrund-Elf zum ersten Mal hinter sich greifen muss. Doch die Art und Weise, wie dieser Treffer fällt, ist äußerst kurios. Eine Flanke von Nils Hellmuthhäuser segelt hoch in den Strafraum, senkt sich, zieht nach innen, kommt dem oberen Eck am kurzen Pfosten gefährlich nahe. Doch Hofmann ist ja zur Stelle. Er hat ihn. Denkste! Der Ball rutscht ihm durch die Handschuhe, hinter die Linie. Hofmann versucht noch mal alles, den Fehler irgendwie zu kaschieren, doch da berührt der Ball bereits das Netz. Jetzt  gibt es kein Herausreden mehr. Hofmann sinkt auf die Knie, klatscht mit beiden Händen auf das, trotz der Trockenheit der jüngsten Vergangenheit, doch sehr saftige Grün in der Fischbacher Straße. So als wolle er die Zeit mit den Gliedmaßen, die ihn vorher so im Stich gelassen haben, zum Stillstand bringen.

Auf der Gegenseite reißt Markus Lauth die Arme nach oben. Der 39-jährige Trainer des Sportclubs steht, wie sich im Vorfeld bereits angedeutet hatte, tatsächlich zwischen den Pfosten. Vor neun Jahren stand er selbst regelmäßig als Torwart auf dem Platz. Doch der gebürtige Kölner sträubte sich vor der  Partie ein wenig, ins Tor zu gehen, wie es aus dem näheren Umfeld des Sportclubs heißt. Auch im Gespräch mit der Redaktion sprach er im Vorfeld von einem großen Vorteil für Schönbrunn, sollte er sich die Handschuhe überziehen. Ob er von solchen Patzern wie dem von Hofmann im Vorfeld träumte? Der Aufstiegs-Held Lauth, der seinem Team im Eröffnungsspiel die erste Niederlage beschert?Unangenehme Gedankenspiele, die am Ende nichts mit der Realität zu tun haben. 7:0 lautet die Wirklichkeit. Mit einer weißen Weste für den Trainer. Wenngleich im übertragenen Sinne. Denn die Hose und die Stutzen, die Lauth in dieser Partie trägt, haben nach dem Schlusspfiff nicht mehr viel mit der Farbe Weiß zu tun. Der Grund: Eine Stunde vor Anpfiff regnet es, was das Zeug hält. Erst gut zwanzig Minuten vor dem Spiel hat Petrus ein Einsehen mit allen Fußballbegeisterten, die keine Lust mehr auf Vorbereitung haben. Die Kluft des Trainers zeugt von 90 Minuten Dauerbeschuss. Doch das ist glatt gelogen.

 

Von Schönbrunn ist, trotz aller Bemühungen, nicht viel zu sehen. Im Gegenteil: Die Elf von Trainer Dirk Forkel wirkt vor rund 300 Zuschauern vor allem in der Anfangsphase extrem nervös und leistet sich die einfachsten Fehler im Aufbauspiel. Der Aufsteiger nutzt das gnadenlos aus und erweist sich mit schnellen und präzisen Umschaltspiel der Kreisoberliga mehr als würdig. Das Glück der wenigen Chancen im gegnerischen Strafraum sowie die hohe Fehlerquote und die gnadenlose Effizienz der Burgstädter lauten die Puzzleteile für die, aus Schönbrunner Sicht, bittere Realität „Nulldoppelpunktsieben". Um das wahr gewordene Debakel doch noch irgendwie zu vermeiden, wechselt Forkel in Durchgang eins gleich zwei Mal, bringt Hanf für Eichhorn und Heß für Wackes. Doch allein es hilft nichts. Kurz vor der Pause fällt das 0:4. Wieder ist ein Schleusinger nicht mehr zu halten. Nicht ganz. Mit unfairen Mitteln schon. Unglücksrabe Hofmann holt Lohfink von den Beinen, der daraufhin von Pino Heun ersetzt wird. Wadenbeinbruch lautet die bittere Diagnose. Christian Günther haut den Ball anschließend kompromisslos links oben rein. Inzwischen hat sich Forkel die Jacke zugezogen. Es ist ungemütlich geworden in der Fischbacher Straße.

 

In der zweiten Hälfte kommen die Schönbrunner besser in die Partie, erarbeiten sich eine Reihe von Eckbällen, ehe der reaktivierte Lauth den Ball sicher in den Händen hält, und das Unheil seinen weiteren Verlauf nimmt. Es ist die 56. Minute, die symptomatisch für das Spiel der Schönbrunner an diesem Tag steht. Nico Hanf leistet sich in der eigenen Hälfte einen Fehlpass quer über das Spielfeld. Der wird sofort abgefangen  und Sekunden später liegt der Ball erneut im Tor. Zum zweiten Mal an diesem Tag ist es Günther, der trifft, und anschließend ausgewechselt wird. Der nimmt sich dann erst mal einen großen Schluck aus der Wasserflasche und schüttelt den Kopf, so als wolle er sagen: Was ist denn bitte schön heute hier los?

Vor dem 6:0 und 7:0 wird es dann noch mal hektisch. Roberto Sauer holt Schönbrunns Torjäger Tino Luther von den Beinen, der anschließend wohl durch gewesen wäre. Schiedsrichter Stephan Reuter zückt schon die rote Karte, ehe der Assistent Abseits signalisiert. So packt der Eisfelder die Karte wieder ein. Auf Schönbrunner Seite versteht man die Welt im ohnehin schon falschen Film nun überhaupt nicht mehr. Es folgen etliche Diskussionen. Forkel selbst ist nun auf dem Spielfeld und redet mit Reuter. Doch all das Reklamieren hilft nichts. Wobei sich Schleusingens Sauer für eine gelbe Karte – Abseits hin oder her – für dieses Einsteigen bei diesem Spielstand wohl nicht hätte beschweren dürfen. So geht es eben weiter. Nach Treffer von Fabian Hartung ist es schließlich Kapitän Christian Zetzmann vorbehalten, das denkwürdige 7:0 zu erzielen.

 

Fast jeder Schuss ein Treffer eben. Da könnte man glatt meinen, dass die Schleusinger vor dem Spiel noch mal kräftig an den alten Schuhen, die an der Außenfassade des Vereinsheims hängen, à la „Aladdin und die Wunderlampe", nur ohne Dschinn, gerieben haben. Das soll nämlich Glück bringen, behauptet zumindest Peter Brock. Bis vor zwei Jahren zierten die noch die Füße des 61-Jährigen, der seit seinem 19. Lebensjahr die Schuhe für Schleusingen schnürte. Zuletzt war er für die zweite Mannschaft und die alten Herren aktiv. Nun konzentriert sich der ehemalige „Dauerläufer" voll auf das Grillgut. Egal bei welcher Vereinsveranstaltung: Brock steht am Grill. Gemeinsam mit Oliver Grobeis. Dem Sohn von Dietmar Grobeis, der früher gemeinsam mit Brock beim Sportclub gespielt hat. Zwar hat sich der Sohnemann mit zehn Jahren für die Feuerwehr anstelle des Fußballs entschieden, unglücklich über seine Entscheidung ist er jedoch nicht. „Ich habe das Helfer-Syndrom. Dadurch bin ich dem Verein auch weiterhin verbunden", sagt er, für den die Vereinsliebe sogar unter die Haut geht. Auf seinem rechten Unterarm befindet sich das Logo das SC 07 Schleusingen. Wichtige Auswechselspieler am Grill sind Olivers Schwester Anna und Vater Dietmar.

 

Allein an Brocks alten Tretern würde Schleusingens Trainer Markus Lauth den Sieg aber nicht fest machen. „Wir haben Schönbrunn ausführlich beobachtet, wussten, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. In Gegenzügen stehen sie häufig offen. Deshalb haben wir viel mit langen, weiten Bällen operiert. Zum Glück haben wir heute nur einen von drei Matchplänen gebraucht, weil dem Gegner nichts eingefallen ist. Man sollte den Sieg heute aber nicht überbewerten", sagt er, der sich bei seinem Comeback schon das Schlimmste ausgemalt hatte: „Im Training haben sie mir die Bälle durch die Beine und an mir vorbei geschossen. Ich dachte nur scheiße, was soll das am Freitag werden? Wir hatten heute aber auch Glück, dass der Gegner kaum geschossen hat." Am kommenden Spieltag wird Lauth gegen Sonneberg-West, aller Voraussicht nach, erneut zwischen den Pfosten stehen. Danach könnte Stammtorwart Adrian Macieczyk wieder das Tor hüten. Nicht viel zu sagen hatte Schönbrunns Trainer Dirk Forkel nach dem Schlusspfiff: „Es gab einfach zu viele unglückliche Situationen. Ich habe vor der Pause schon zwei Mal gewechselt, aber irgendwann bist du einfach tot. Es gibt einfach so Spiele, da kannst du noch eine Stunde spielen, da passiert nichts mehr."

 

Schleusingen: Lath, Kolk, Thorwirth, Sanyang, Zetzmann, Hellmuthhäuser, Günther (69. Dampha), Sauer (84. Reinhardt), Hartung, Lohfink (40. Heun), L. Schmidt

 

Schönbrunn: Hofmann, R. Arnold, Hartleb, Gehring, Pfeiffer, Beer (49. Krause), Wackes (36. Heß), Möhring, Eichhorn (30. Hanf), Holland, Luther

 

Reuter (Eisfeld) – 300 – 1:0 Hofmann (1./Eigentor), 2:0 Hartung (24.), 3:0 Hellmuthhäuser (30.), 4:0/5:0 Günther (39./Foulelfmeter/56.), 6:0 Hartung (87.), 7:0 Zetzmann (90.)

  

Quelle: Freies Wort, Lokalsport Hildburghausen vom 5.8.2019


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